Banken und Finanzmärkte

Die Finanzkrise der Jahre 2008/2009 hat gezeigt, dass relativ kleine Verluste von Finanzinstituten schwerwiegende globale Auswirkungen haben können. Das Geschäftsvolumen der US-Investmentbank Lehman Brothers auf dem US-Immobilienmarkt war relativ gering. Dennoch mussten nach ihrem Zusammenbruch weltweit viele Banken vom Steuerzahler gerettet werden. Weil das Eigenkapital der Lehmann Bank und anderer Banken nicht reichte, um die eigenen Verluste abzudecken, wurde das Kapital ihrer Gläubiger, z. B. andere Banken, in Mitleidenschaft gezogen. Das führte zu einer weltweiten Kettenreaktion. Die Stabilität des Finanzsystems hängt also entscheidend davon ab, wie viel Eigenkapital die einzelnen Finanzinstitute vorhalten. Eine effektive Finanzmarktregulierung muss an dieser Stelle ansetzen.

Mit Eigenverantwortung zu Stabilität in der Eurozone

Konrad

(26.06.2013) Drei Jahre nach Ausbruch der Staatsschuldenkrise befindet sich die Eurozone immer noch im Rettungsmodus. Für mehr langfristige Stabilität der Eurozone, müssen Insolvenzmöglichkeiten für Euro-Staaten und systemrelevante Banken geschaffen und die Eigenkapitalpuffer von Finanzinstituten erhöht werden. "Ursache der Staatsschuldenkrise ist, dass zwischen Staaten als Kreditnehmer und Finanzinstituten als Kreditgeber eine viel zu intime Beziehung entstanden ist", sagt Kai A. Konrad, Direktor des Max-Planck-Instituts für Steuerrecht und Öffentliche Finanzen, gegenüber ECONWATCH. Diese kann nur gelöst werden, wenn Finanzinstitute wesentlich mehr Eigenkapital vorhalten müssen – auch bei der Kreditvergabe an Staaten. "So wären Insolvenzen von Staaten und Banken machbar, ohne dass die Finanzmärkte bedrohlich in Schieflage geraten", betont Konrad. Dadurch und durch Insolvenzmöglichkeiten für Euro-Staaten und systemrelevante Banken könnte dem "No-Bailout-Prinzip" endlich Glaubwürdigkeit verliehen werden. Im Gegensatz zu noch mehr Rettungsaktionen und der Vergemeinschaftung von Altschulden sind Schuldenschnitte und Umschuldungsmaßnahmen kompatibel mit dem No-Bailout Prinzip.

Weitere Informationen zum Thema erhalten Sie hier:

ECONWATCH-Policy Brief Eurozone
Präsentation Europa von Prof. Dr. Lars P. Feld (Walter Eucken Institut und Sachverständigenrat)
Präsentation Europa von Prof. Dr. Kai A. Konrad (Max-Planck-Institut für Steuerrecht und Öffentliche Finanzen)
Video: Wirtschaftspolitik verstehen: Wie kann die Europäische Währungsunion bestehen?
Video: Wirtschaftspolitik verstehen: Fiskal- oder Geldpolitik - wie retten wir Europa?


Europäische Zentralbank nicht überfordern!

(15.05.2013) Die Bundesregierung hat einen Gesetzentwurf für die Übertragung wichtiger Teile der bisherigen nationalen Bankenaufsicht auf die Europäische Zentralbank (EZB) auf den Weg gebracht. Diese Verortung bringt nicht nur Vorteile, sondern birgt auch erhebliche Risiken. "Ich sehe die Gefahr, dass die EZB durch die Bankenaufsicht in Interessenskonflikte und in Reputationsrisiken gerät", sagt Hermann Remsperger von der Goethe-Universität Frankfurt und ehemaliges Mitglied des Bundesbankvorstands gegenüber ECONWATCH. Seit Ausbruch der Finanz- und Staatsschuldenkrise hat die EZB eine ganze Reihe unkonventioneller Maßnahmen ergriffen. Damit hat sie ihr Mandat weit ausgelegt. Mit der Instituts- und teilweise auch der Systemaufsicht soll die EZB nun schon bald neben der Geldwertstabilität zusätzliche Aufgaben schultern. "Diese Komplexität kann zu einer Überforderung der Zentralbank führen", betont Remsperger. Wenn der jetzt geplante Schritt gleichwohl vollzogen wird, spricht auf mittlere Sicht viel dafür, die Bankenaufsicht wieder aus der EZB herauszulösen und einer eigenen Behörde zu übertragen. Zugleich müssen auch andere Institutionen einen Beitrag zur Finanzstabilität leisten. Dazu gehören der Abbau der öffentlichen Verschuldung und der deutliche Aufbau von Eigenkapital durch die Banken, und zwar auch für die Kreditgewährung an Staaten.

Weitere Informationen zum Thema erhalten Sie hier:

ECONWATCH-Policy Brief EZB
Vortrag von Prof. Dr. Hermann Remsperger (Goethe-Universität Frankfurt und Stiftung Geld und Währung)
Video: Wirtschaftspolitik verstehen: Was ist Aufgabe der Europäischen Zentralbank?


Finanzmarktstabilität: Basel III löst die Probleme nicht

Buch

(25.07.2012) Auch die in Basel III vorgesehenen verschärften Eigenkapitalanforderungen an Banken ignorieren eine wesentliche Ursache für Finanzmarktkrisen: dass Banken für Kredite an manche Staaten kein Eigenkapital vorhalten müssen. "Nach der derzeitigen Regulierung werden Staatsanleihen mit einem Risikogewicht von Null gewichtet, sofern sie von Regierungen der Länder des Eurogebiets begeben wurden. Das soll auch in der aktuell geplanten Umsetzung von Basel III in europäisches Recht fortgeführt werden", sagt Claudia M. Buch, Universität Tübingen und Mitglied im Sachverständigenrat gegenüber ECONWATCH. "Zentral für den Erfolg der jetzigen Regulierungsbemühungen wird es sein, die Eigenkapitalbasis der Banken nachhaltig zu erhöhen. Mittelfristig sollte eine deutliche Erhöhung der Eigenkapitalanforderung bezogen auf die ungewichtete Bilanzsumme angestrebt werden (leverage ratio)", so Buch. Das würde auch die Kreditvergabe an Unternehmen im Vergleich zur Kreditvergabe an Staaten attraktiver machen, denn Kredite an Staaten werden vom Basel-Regelwerk derzeit bevorzugt. Die ursprünglich für die erste Juliwoche vorgesehene Abstimmung im Europäischen Parlament wurde auf voraussichtlich Ende Oktober verschoben. Die Zeit sollte genutzt werden, die Schwachstellen von Basel III zu beheben.

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ECONWATCH-Policy Brief Finanzmarktstabilität


Wirtschaftspolitik der Bundesregierung zeigt mehr Schatten als Licht

Feld

(15.05.2012) Die vergangenen zweieinhalb Jahre waren vor allem durch die Staatsschuldenkrise in Europa und die Energiewende geprägt. Wichtige Reformvorhaben wie bei den Steuern oder der Sozialversicherung sind auf der Strecke geblieben. Die Bundesregierung sollte die verbleibende Zeit bis zur Bundestagswahl nutzen, um sichtbare finanz- und wirtschaftspolitische Spuren zu hinterlassen. "Die Haushaltskonsolidierung muss auf allen föderalen Ebenen konsequent vorangetrieben werden. Steuerstrukturreformen und Haushaltskonsolidierung sind gleichzeitig möglich, wenn die Reformen haushaltsneutral ausgestaltet werden – insbesondere durch einen beherzten Abbau von Subventionen und Steuervergünstigungen. Hier ist mehr politischer Mut gefragt! Weitere Strukturreformen z. B. im Bereich der Kranken- und Pflegeversicherung stehen nach wie vor aus. Mindestlöhne gefährden die Erfolge auf dem Arbeitsmarkt auf dem Rücken derer, die sich am wenigsten wehren können – den Geringqualifizierten" sagt Lars P. Feld, Direktor des Walter Eucken Instituts und Mitglied im Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung.

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ECONWATCH-Policy Brief Wirtschaftspolitik Bundesregierung